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Eigenmietwert in der Schweiz: Erklärung, Abschaffung, Berechnung

Von Benjamin Steiner
Lesezeit: 9 Minuten

Der Eigenmietwert, eigentlich «Mietwert für selbstgenutzte Liegenschaften», ist eine Art fiktives steuerbares Einkommen in der Schweiz. Der Eigenmietwert einer Liegenschaft beträgt einen Prozentsatz von der Marktmiete für vergleichbare Liegenschaften und muss in allen Kantonen als Einkommen versteuert werden, wenn die Liegenschaft nicht vermietet wird. In diesem Artikel erfahren Sie alles zum Eigenmietwert, von seiner Entstehung per Notrecht vor 100 Jahren bis zur aktuellen Debatte zur Abschaffung.

Das Wichtigste in Kürze
  • Der Eigenmietwert ist ein fiktives Einkommen, das Eigentümer in der Schweiz versteuern müssen, wenn sie in ihrer eigenen Immobilie wohnen. 
  • Der Eigenmietwert beträgt in der Regel einen Prozentsatz von der Marktmiete für vergleichbare Liegenschaften. 
  • Der Eigenmietwert soll abgeschafft werden, aber das Parlament konnte bislang zu keiner Einigung gelangen.

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Was ist der Eigenmietwert in der Schweiz? 

Der Eigenmietwert wird oft als fiktives Einkommen bezeichnet, das Eigentümer versteuern müssen, wenn sie in ihrer eigenen Immobilie wohnen. Steuerrechtlich gesehen wird der Eigenmietwert eigentlich als sogenanntes Naturaleinkommen begründet; ein Naturaleinkommen ist ein geldwertiger Vorteil, der einem Einkommen gleichwertig ist. 

Es ist ein Naturaleinkommen, da der Eigentümer ja nicht wirklich Geld mit seiner Immobilie generiert, sondern vielmehr einen geldwertigen Nutzen daraus zieht, dass er in seinem Eigentum lebt. Die Besteuerung des Eigenmietwerts gleicht dabei den Vorteil aus, dass Eigentümer im Gegensatz zu Mietern keinen Mietzins zahlen müssen und einen Teil ihrer Wohnkosten (Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten) vom steuerbaren Einkommen abziehen können. 

 

Wann muss der Eigenmietwert versteuert werden? 

Hauptwohnsitz

Wohneigentümer sind immer dann steuerpflichtig, wenn sie ihre Wohnung oder ihr Haus selbst bewohnen. Hauptwohnsitze müssen daher immer versteuert werden. 

Zweitwohnsitz oder Ferienwohnung

Für die Besteuerung spielt es keine Rolle, ob eine Immobilie durchgängig bewohnt wird oder nicht – solange sie prinzipiell zur Verfügung stehen würde, gilt sie nach Gesetz als selbstgenutzt. Das bedeutet, dass der Eigenmietwert auch bei einem Ferienhaus oder einer Ferienwohnung versteuert werden muss. 

Wird die Zweitimmobilie unterjährig vermietet, ist der Eigenmietwert nur noch anteilsmässig steuerbar, d.h. für den Zeitraum, in dem die Immobilie nicht vermietet ist. Dafür müssen natürlich die Mieteinnahmen als Einkommen versteuert werden. 

Mietwohnung

Der Eigenmietwert findet nur auf Immobilien Anwendung, die nicht vermietet werden. Eigentümer einer ganzjährig vermieteten Wohnung oder eines ganzjährig vermieteten Hauses sind vom Eigenmietwert befreit und versteuern stattdessen die Mieteinnahmen als Einkommen. 

 

Abschaffung des Eigenmietwerts: seit vielen Jahren ein Politikum 

Hintergrund: Warum gibt es den Eigenmietwert in der Schweiz? 

Der Eigenmietwert war ursprünglich eine Notmassnahme, um den Bundeshaushalt in Krisenzeiten aufzubessern. Erstmals eingeführt wurde der Eigenmietwert 1915, als infolge des Ersten Weltkriegs die Zollerträge einbrachen. 1934 führte der Bundesrat die Steuer ein zweites Mal per Notrecht ein, um den kriselnden Bundeshaushalt während der Weltwirtschaftskrise zu sanieren. 

Diese Massnahme hätte eigentlich befristet sein sollen; doch das Parlament genehmigte eine Verlängerung bis 1941 – zu diesem Zeitpunkt war der Zweite Weltkrieg bereits in vollem Gang und der Eigenmietwert wurde als sogenannte Wehrsteuer beibehalten, um die Kriegsausgaben zu kompensieren. 1958 wurde der Eigenmietwert durch eine Volksabstimmung ins reguläre Recht überführt. 

Argumente für den Eigenmietwert 

Die Besteuerung des Eigenmietwerts, so die klassische Argumentation der Befürworter, gleicht die Vorteile aus, die Eigentümer gegenüber Mietern haben: Sie zahlen keinen Mietzins und können erst noch einen Teil ihrer Wohnkosten (Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten) vom steuerbaren Einkommen abziehen. 

Argumente für die Abschaffung 

Der Eigenmietwert wird von vielen Eigentümern als ungerecht und intransparent empfunden, da ein unsichtbares, ‘fiktives’ Einkommen versteuert werden muss. Zusätzlich bestraft der Eigenmietwert die Eigentümer übermässig stark, die ihre Hypothek amortisiert haben – sie profitieren nicht mehr von den Schuldzinsabzügen und zahlen erst noch mehr Vermögenssteuern. Der Eigenmietwert, der die Vorteile der Schuldzinsabzüge ausgleichen soll, bleibt aber unverändert, auch wenn man die Hypothek amortisiert. 

Abschaffung des Eigenmietwerts (Stand Dezember 2023)

Das aktuelle System der Eigenmietwertbesteuerung wird seit langem kontrovers diskutiert. Nachdem der Bundesrat und der Ständerat bereits 2021 einer Neuregelung zugestimmt hatten, wurde die Vorlage in der Sommersession 2023 auch vom Nationalrat angenommen. Es wird also mit ziemlicher Sicherheit einen Systemwechsel mit Abschaffung des Eigenmietwerts geben – wie dieser aussehen wird, ist aber aktuell noch unklar.

National- und Ständerat stimmen darin überein, dass künftig der Eigenmietwert bei Hauptwohnsitzen abgeschafft werden soll. Klar ist auch, dass zusammen mit dem Eigenmietwert die Steuerabzüge neu geregelt werden müssen. Aktuell können die Hypothekarzinsen bis zu einem Betrag von CHF 50’000 über den steuerbaren Vermögenseinträgen vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden, was in der Praxis fast nie erreicht wird. Die Unterhaltskosten können in den meisten Kantonen pauschal (d.h. als Prozentsatz vom Eigenmietwert) oder effektiv angegeben werden. 

Der Nationalrat sprach sich dafür aus, dass nach der Reform nur noch Schuldzinsen in der Höhe von maximal 40 % der steuerbaren Vermögenseinträge vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden können. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S) hingegen besteht auf einem maximalen Satz von 70 %.

Auch bei der Besteuerung von Zweitliegenschaften herrscht Uneinigkeit. Der Nationalrat befürwortete einen konsequenten Systemwechsel und will den Eigenmietwert komplett abschaffen. Die WAK-S hingegen möchte den Eigenmietwert bei Zweitliegenschaften weiterhin besteuern. Das Hauptargument sind die entgangenen Steuereinnahmen in Tourismuskantonen wie Graubünden, Wallis oder Tessin, wo die meisten Ferienwohnungen stehen.

 

Wie wird der Eigenmietwert berechnet? 

Gesetzliche Grundlage

Der Eigenmietwert ist im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer verankert (Abschnitt 5, Artikel 21): 

Steuerbar sind die Erträge aus unbeweglichem Vermögen, insbesondere:

  1. alle Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung, Nutzniessung oder sonstiger Nutzung; 
  2. der Mietwert von Liegenschaften oder Liegenschaftsteilen, die dem Steuerpflichtigen aufgrund von Eigentum oder eines unentgeltlichen Nutzungsrechts für den Eigengebrauch zur Verfügung stehen; 

Für die Umsetzung sind die kantonalen Steuerbehörden zuständig. Sie legen die Verfahren fest, die zur Festlegung der Eigenmietwerte zum Einsatz kommen. Nach einem Entscheid des Bundesgerichts darf der Eigenmietwert allerdings in keinem Einzelfall unter 60 % liegen. 

Der Eigenmietwert beträgt mindestens 60 % der Marktmiete. 

Was sich beim Eigenmietwert zwischen den Kantonen unterscheidet

Aufgrund der Hoheit der Kantone unterscheiden sich die verwendeten Methoden zum Teil massiv. Es kommen je nach Kanton und je nach Objekttyp ganz unterschiedliche Bewertungsverfahren zum Einsatz: auf der Basis von Vergleichsmieten, des Realwertes der Immobilie, des tatsächlichen Kaufpreises oder anderer Kriterien. In einigen Kantonen ist der Eigenmietwert an den Steuerwert geknüpft und wird mit diesem zusammen veranlagt. Die meisten Kantone zielen mit ihrem Verfahren auf einen Eigenmietwert im Bereich von etwa 70 % der marktüblichen Mieten. 

Ausserdem bestehen beträchtliche Unterschiede zwischen den Kantonen bei den Abzügen infolge Unternutzung. Manche Kantone wie z.B. Bern gewähren gar keine Abzüge bei der Staatssteuer; andere nur in bestimmten Fällen. Am anderen Ende des Spektrums kennt z.B. Schaffhausen umfangreiche Abzüge bei Unternutzung oder Nichtbenutzbarkeit. 

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Eigenmietwert in den Schweizer Kantonen

Zürich

Der Eigenmietwert wird im Kanton Zürich von der Steuerbehörde aufgrund einer Bewertung festgelegt. Je nach Typ der Immobilie kommen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz. Bei Einfamilienhäusern und Stockwerkeigentum beträgt der Eigenmietwert einen Prozentsatz vom Vermögenssteuerwert, bei selbstgenutzten Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus 70 Prozent der Marktmieten. 

Lesen Sie auch unseren ausführlichen Artikel: Eigenmietwert im Kanton Zürich

Bern

Der Eigenmietwert wird im Kanton Bern für jedes Grundstück im Rahmen der amtlichen Bewertung individuell festgelegt. Dazu wird zunächst der sogenannte Protokollmietwert aufgrund der individuellen Eigenschaften des Grundstücks bestimmt, der anschliessend mit einem Vergleichsverwahren an das Mietzinsniveau der Gemeinde und Periode angepasst wird. 

Lesen Sie unseren ausführlichen Artikel für alle Informationen zum Eigenmietwert im Kanton Bern: Eigenmietwert in Bern

Luzern

Der Eigenmietwert beträgt im Kanton Luzern 70 Prozent der Marktmieten. Die Marktmiete wird im Rahmen einer amtlichen Veranlagung bestimmt und entspricht dem durchschnittlichen Mietzins, der für vergleichbare Objekte an ähnlicher Lage auf dem Markt erzielt werden kann. Ab der Steuerperiode 2022 basiert der Eigenmietwert auf den 2022 neu veranlagten Marktmieten. 

Lesen Sie unseren ausführlichen Artikel für vollständigere Informationen: Eigenmietwert im Kanton Luzern

Aargau

Im Kanton Aargau wird der Eigenmietwert vom kantonalen Steueramt (Sektion Grundstückschätzung) festgelegt. Das Steueramt verfügt den Eigenmietwert und auch die Vermögenssteuerwerte basierend auf Schätzungen der kantonalen Schätzungsexperten.

Nach einem parlamentarischen Beschluss von 2022 werden die Eigenmietwerte per 2025 auf 60 Prozent der Marktmieten festgelegt, wenn die Liegenschaften neu bewertet werden. 

Ausführliche Informationen zum Eigenmietwert im Aargau finden Sie in diesem Artikel: Eigenmietwert im Kanton Aargau

Thurgau

Im Kanton Thurgau beträgt der Eigenmietwert für selbstgenutzte Liegenschaften 60 Prozent des indexierten Mietwerts. Dieser wird dem Eigentümer jährlich zusammen mit der Liegenschaftssteuerrechnung mitgeteilt. Der Mietwert wird alle 15 Jahre im Rahmen einer amtlichen Schätzung veranlagt und mittels eines Index an die sich verändernden Marktverhältnisse angepasst. 

Alles Weitere zum Eigenmietwert im Kanton Thurgau finden Sie in unserem Artikel: Eigenmietwert im Kanton Thurgau
 

St. Gallen

Der Eigenmietwert im Kanton St. Gallen beträgt 70 Prozent der marktüblichen Miete. Die Marktmiete wird im Rahmen der amtlichen Grundstückschätzung alle 10 Jahre oder nach grösseren Wertveränderungen vorgenommen. Sie entspricht dem Mietpreis, der im Durchschnitt für ein vergleichbares Mietobjekt am Markt verlangt wird. 

Lesen Sie unseren ausführlichen Artikel für weitere Informationen: Eigenmietwert im Kanton St. Gallen
 

Schaffhausen 

Im Kanton Schaffhausen ist in der Steuererklärung der vom Amt für Grundstückschätzung veranlagte Eigenmietwert einzusetzen. Er wird bei der amtlichen Schätzung bestimmt und dem Eigentümer auf der Verfügung des Steuerwertes mitgeteilt. 

Schaffhausen gewährt umfassende Abzüge vom Eigenmietwert, so bei Tod oder Wegzug eines Familienmitglieds, begründeter Nichtbenutzbarkeit oder Unvermietbarkeit gewisser Räume. Auch in bestimmten finanziellen Situationen kann der Eigenmietwert auf Antrag herabgesetzt werden. 

Mehr Informationen finden Sie in unserem ausführlichen Artikel: Eigenmietwert im Kanton Schaffhausen

Solothurn

Der Kanton Solothurn unterscheidet bei der Veranlagung des Eigenmietwerts zwischen Gebäuden durchschnittlicher und überdurchschnittlicher Bauart. Bei Gebäuden durchschnittlicher Bauart beträgt der Eigenmietwert 8 bis 11 Prozent vom Katasterwert. Bei Gebäuden überdurchschnittlicher Bauart wird der Eigenmietwert individuell verfügt. 

Lesen Sie unseren Artikel zum Eigenmietwert im Kanton Solothurn für ausführlichere Informationen: Eigenmietwert in Solothurn

 

Zug

Im Kanton Zug beträgt der Eigenmietwert 3 Prozent des steuerlichen Verkehrswerts. 

Lesen Sie auch unseren Artikel zum Eigenmietwert im Kanton Zug: Eigenmietwert im Kanton Zug berechnen

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Benjamin Steiner
Benjamin Steiner
Marketing Content Specialist

Benjamin hat einen Masterabschluss an der Universität Zürich und viele Jahre Erfahrung in der Erstellung und Redaktion von Texten. Für Neho recherchiert er aktuelle Ereignisse und Entwicklungen in der Immobilienbranche und erklärt sie unseren Blog-Lesern auf verständliche Weise.

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Inhaltsverzeichnis
  • Was ist der Eigenmietwert in der Schweiz? 
  • Wann muss der Eigenmietwert versteuert werden? 
  • Abschaffung des Eigenmietwerts: seit vielen Jahren ein Politikum 
  • Wie wird der Eigenmietwert berechnet? 
  • Eigenmietwert in den Schweizer Kantonen

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