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Das Vorkaufsrecht in der Schweiz: Was muss ich wissen?

Von Benjamin Steiner
Lesezeit: 9 Minuten

Das Vorkaufsrecht bei Immobilien in der Schweiz: Die verschiedenen Arten und ihre Anwendung bei einem Kauf oder Verkauf

immobilie verkaufen

Wenn Sie in der Schweiz ein Haus, eine Eigentumswohnung oder Land kaufen oder verkaufen, kann unter Umständen das Vorkaufsrecht zur Anwendung kommen. Es ermöglicht bestimmten Personen — den Vorkaufsberechtigten — eine Immobilie für sich zu beanspruchen, bevor sie an einen Dritten verkauft wird. In diesem Artikel erklärt Neho Ihnen das Vorkaufsrecht, von den gesetzlichen Grundlagen über die Anwendung bis zu potenziellen Fallstricken für Sie als Käufer oder Verkäufer. 

 

Was ist das Vorkaufsrecht? 

Das Vorkaufsrecht garantiert einer Person beim Verkauf einer Immobilie das Privileg, vor allfälligen Drittpersonen in den Kaufvertrag einzutreten. Das bedeutet, dass ein Verkäufer sein Objekt den Vorkaufsberechtigten anbieten muss, bevor ein Verkauf an Dritte zustande kommen kann. Erst wenn alle Vorkaufsberechtigten von Ihrem Recht zurückgetreten sind, kann das Objekt an eine Drittpartei verkauft werden. 

Sowohl als Verkäufer wie als Käufer kann das für Sie von Bedeutung sein: So stehen Sie im Verkaufsfall in der Pflicht, alle Vorkaufsberechtigten korrekt zu informieren; wenn Sie umgekehrt als Käufer an einem Objekt interessiert sind, auf das jemand ein Vorkaufsrecht hat, kann es sein, dass Sie Ihre Kaufansprüche hinter denen dieser Person zurückstellen müssen. Als Kaufinteressent ist es daher in jedem Fall sinnvoll, sich beim Verkäufer nach allfälligen Vorkaufsberechtigten zu erkundigen. 

Alternativ können Sie auch unser Team oder Ihren lokalen Neho-Makler kontaktieren, wenn Sie Fragen zum Vorkaufsrecht haben. 

 

Welche Arten von Vorkaufsrecht gibt es in der Schweiz?

Das Schweizer Recht unterscheidet zwei Arten des Vorkaufsrechts: das gesetzliche Vorkaufsrecht und das vertragliche Vorkaufsrecht. Ersteres kann von den Vorkaufsberechtigten immer geltend gemacht werden, auch ohne einen speziellen Vertrag.

Gesetzlich vorkaufsberechtigt sind je nach Art des zum Verkauf stehenden Objekts bestimmte Personen oder Personengruppen: 

  • Miteigentum: In einer Miteigentumsgemeinschaft haben alle Eigentümer ein gesetzliches Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichteigentümer, der einen Anteil an dem Eigentum erwerben möchte. 

  • Baurecht: Baurechtsnehmer haben ein Vorkaufsrecht an dem mit dem Baurecht belasteten Grundstück und Baurechtsgeber an der Baute. 

  • Bodenrechte an landwirtschaftlichen Grundstücken

Sofern das Grundstück unter das Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht fällt, haben u.a. Pächter und bestimmte nahe Verwandte ein gesetzliches Vorkaufsrecht. 

Das gesetzliche Vorkaufsrecht tritt immer ein, ist unbegrenzt gültig und muss nicht vertraglich festgelegt werden; dafür kann es auch nicht vererbt werden. Es dient gewissermassen der Wahrung des berechtigten Interesses von bestimmten Personen mit einem besonderen Bezug zu einer Immobilie. Dabei ist wichtig zu wissen: Auch als langjähriger Mieter haben Sie in der Schweiz kein gesetzliches Vorkaufsrecht auf die Immobilie, in der Sie wohnen! 

Dagegen entsteht das vertragliche Vorkaufsrecht durch einen sogenannten Vorkaufsvertrag. Mit diesem verpflichtet sich ein Besitzer, einem Begünstigten — beispielsweise einem Familienangehörigen oder einem langjährigen Mieter — bei einem allfälligen Verkauf den Vortritt gegenüber Dritten zu lassen. Ein Vorkaufsvertrag ist jeweils für die festgelegte Dauer gültig, höchstens jedoch für 25 Jahre.

Das Schweizer Recht unterscheidet das limitierte vom unlimitierten Vorkaufsrecht: 

  • Limitiertes Vorkaufsrecht: Beim limitierten Vorkaufsrecht sind der Preis und allfällige weitere Konditionen des Kaufs im Vertrag festgelegt; diese gelten für den Vorkaufsberechtigten unabhängig davon, zu welchen Konditionen der Verkäufer seine Immobilie an Dritte hätte verkaufen können. 

  • Unlimitiertes Vorkaufsrecht: Beim unlimitierten Vorkaufsrecht wird der Vorkaufsberechtigte lediglich ermächtigt, die Immobilie zu den Konditionen zu erwerben, zu denen sie auch an Dritte verkauft worden wäre. 

In beiden Fällen muss das Vorkaufsrecht schriftlich festgehalten werden. Wird der Preis im Voraus bestimmt, muss der Vertrag zusätzlich notariell beurkundet werden. Das Vorkaufsrecht kann im Grundbuch vermerkt werden, damit es auch gegenüber Dritten wirksam wird; ohne Grundbucheintrag wirkt es lediglich zwischen den Vertragsparteien. 

Im Gegensatz zu den gesetzlichen Vorkaufsrechten sind vertragliche Vorkaufsrechte vererbbar, wenn nichts Gegenteiliges vereinbart wurde. Bei einem Konflikt zwischen mehreren Vorkaufsberechtigten haben gesetzliche Vorkaufsrechte Vorrang gegenüber vertraglichen. 

Vorkaufsrecht Schweiz

 

Welcher gesetzlichen Grundlage unterliegt das Vorkaufsrecht?

Die gesetzlichen Vorkaufsrechte sind in Art. 681 ff. ZGB geregelt, die vertraglichen Vorkaufsrechte in Art. 216 ff. OR. Darüber hinaus können bei  landwirtschaftlichen Grundstücken Art. 42ff des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) zur Anwendung kommen. 

 

Wie nutze ich das Vorkaufsrecht als Eigentümer?

Das Vorkaufsrecht ermöglicht Ihnen als Eigentümer, eine Verkaufsabsicht gegenüber einer ausgewählten Person rechtlich bindend festzuhalten. Motive dafür können sein: 

  • Sie möchten sichergehen, dass eine Liegenschaft in der Familie verbleibt, und räumen deshalb einem an der Übernahme interessierten Verwandten ein Vorkaufsrecht ein. 
  • Sie sind Vermieter und möchten Ihrem langjährigen Mieter die Sicherheit geben, auch im Verkaufsfall in der Immobilie verbleiben zu können. Damit machen Sie es für den Mieter gleichzeitig attraktiver, weiterhin bei Ihnen zur Miete zu bleiben. 
  • Sie haben einen Kaufinteressenten für Ihre Immobilie gefunden, aber der Verkaufszeitpunkt ist noch unklar. 

Neben dem Vorteil der Kaufgarantie für den Vorkaufsberechtigten und der damit verbundenen Sicherheit bringt der Abschluss eines Vorkaufsvertrags allerdings für Eigentümer einige entscheidende Nachteile mit sich, über die Sie sich im Klaren sein sollten. So ist der Vorkaufsvertrag rechtlich bindend, wenn er einmal abgeschlossen wurde, je nach festgelegter Dauer für bis zu 25 Jahre. Ihre Beziehung zum Vorkaufsberechtigten kann sich in dieser Zeit radikal ändern, und selbst wenn Sie sich mit dieser Person zerstreiten sollten, behält diese ein Vorkaufsrecht an Ihrer Immobilie. Ausserdem verliert ein mit einem Vorkaufsrecht belastetes Objekt in der Regel an Wert, da der Vorkaufsberechtigte jederzeit in den Kaufvertrag eintreten kann. Dies macht die Immobilie für kaufinteressierte Dritte weniger attraktiv, wodurch der Preis entsprechend tief bleibt.

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Ablauf eines Immobilienverkaufs mit Vorkaufsrecht

Angenommen, Sie sind Eigentümer und planen den Verkauf Ihrer Immobilie, die mit einem Vorkaufsrecht belastet ist. Sie dürfen beziehungsweise müssen den Verkauf an eine Drittperson normal planen und durchführen, inklusive der Ausarbeitung und sogar der Unterzeichnung des Kaufvertrags; das Gesetz verpflichtet Sie jedoch, alle Vorkaufsberechtigten über den Abschluss und den Inhalt des Kaufvertrags schriftlich in Kenntnis zu setzen, so dass sie Ihr Recht ausüben und in den Kaufvertrag eintreten können. Dazu haben diese ab Erhalt der Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrags drei Monate Zeit. 

Dabei ist wichtig zu wissen, dass eine Verkaufsabsicht oder selbst fortgeschrittene Verhandlungen alleine nicht ausreichen, um einen Vorkaufsfall auszulösen; erst wenn es tatsächlich zum Kauf kommt, das heisst, wenn der Kaufvertrag abgefasst und unterzeichnet wurde, können die Vorkaufsberechtigten ihr Recht geltend machen und in den Kaufvertrag eintreten. 

Falls Sie Ihrer Mitteilungspflicht nicht nachkommen, können die Vorkaufsberechtigten ihr Kaufrecht auch nach Ablauf der Frist von drei Monaten noch einfordern. Handelt es sich um ein im Grundbuch eingetragenes Vorkaufsrecht, so gehen die damit verbundenen Pflichten im Verkaufsfall auf den neuen Eigentümer über und die Vorkaufsberechtigten haben das Recht, die Immobilie nachträglich von dem neuen Eigentümer für sich zu beanspruchen. Besteht wie im Fall von gesetzlichen Vorkaufsrechten kein Eintrag im Grundbuch, so erlischt das Recht auf eine nachträgliche Übernahme; Sie können von den Vorkaufsberechtigten allerdings immer noch auf Schadenersatz verklagt werden. 

Für Eigentümer ist wichtig zu wissen: Der Vorkaufsfall tritt nur bei Rechtsgeschäften ein, die wirtschaftlich einem Verkauf gleichkommen, das heisst, wenn die Gegenleistung — wie bei einer Zahlung — austauschbar ist. Kein Vorkaufsfall liegt vor, wenn entweder die Gegenleistung individuell und damit nicht austauschbar ist, oder wenn keine Gegenleistung besteht, wie im Fall einer Schenkung oder einer Zuweisung an einen Erben. 

 

Was bedeutet das Vorkaufsrecht für mich als Käufer? 

Wenn Sie an einer Immobilie interessiert sind, gibt es mehrere gute Gründe, sich beim Eigentümer und beim Grundbuchamt gründlich über allfällige Vorkaufsrechte an diesem Objekt zu informieren. So wollen Sie wahrscheinlich vermeiden, dass Ihnen im Moment des Kaufabschlusses ein vorher unbekannter Drittinteressent die Immobilie vor der Nase wegschnappt. Noch wichtiger ist, dass Sie sich genau über im Grundbuch vermerkte Vorkaufsrechte informieren, denn die damit verbundenen Pflichten gehen im Verkaufsfall auf Sie als neuer Eigentümer über. Konkret bedeutet das, dass ein Vorkaufsberechtigter eine Immobilie auch nachträglich von Ihnen beanspruchen kann, und zwar ohne Erstattung des Kaufpreises! 

Auch für Sie auf Käuferseite gilt: Das Vorkaufsrecht greift nur bei einem Verkauf oder einem dem Kauf gleichwertigen Geschäft. Bei Schenkungen, Übertragungen, Zuweisungen bei Erbteilungen und dergleichen liegt kein Vorkaufsfall vor. 

Kaufen oder verkaufen Sie Ihre Immobilie sicher mit Neho

 

Was muss ich als Vorkaufsberechtigter beachten? 

Betrachten wir noch die Situation, dass Sie bereits vorkaufsberechtigt sind, entweder indem Sie beispielsweise als Miteigentümer ein gesetzliches Vorkaufsrecht haben, oder aber weil Sie  — was der wahrscheinlichere Fall sein dürfte — einen Vorkaufsvertrag mit einem Eigentümer abgeschlossen haben. Wenn Ihnen der Eigentümer mit Verkaufsabsicht die Immobilie nicht sogar direkt anbietet, so können Sie spätestens dann mit einer schriftlichen Mitteilung rechnen, wenn der Kaufvertrag ausgearbeitet wurde und ein Käufer unterschrieben hat. Ab sicherer Kenntnis des Vorkaufsfalls haben Sie drei Monate Zeit, um Ihr Recht auszuüben und an der Stelle des Drittkäufers in den Kaufvertrag einzutreten. Dabei gelten für Sie entweder die im Vorkaufsvertrag vereinbarten Konditionen inklusive dem Preis (limitiertes Vorkaufsrecht) oder aber dieselben Bedingungen wie für den Drittkäufer (unlimitiertes Vorkaufsrecht). 

Sie können von Ihrem Vorkaufsrecht natürlich nur dann Gebrauch machen, wenn Sie die notwendigen finanziellen Mittel zum Erwerb der Immobilie besitzen, was gerade im Fall des unlimitierten Vorkaufsrecht nicht unbedingt gegeben sein muss, da der zwischen Verkäufer und der Drittperson ausgehandelte Preis ja im Prinzip beliebig hoch sein kann. Für Vorkaufsberechtigte ist wichtig zu wissen: Sie sind niemals zum Kauf gezwungen und dürfen auf die Ausübung Ihres Rechts verzichten. 


 

Kaufen oder verkaufen Sie Ihre Immobilie sicher mit Neho

Egal ob als Verkäufer oder Käufer, ob gegenwärtig oder in absehbarer Zukunft, Sie sollten sich über das Vorkaufsrecht im Klaren sein. So müssen Sie, wie eingangs erwähnt, im Falle eines Verkaufs sicherstellen, dass alle Vorkaufsberechtigten korrekt informiert werden. Auch als Kaufinteressent ist es wichtig, dass Sie sich über allfällige Vorkaufsrechte an der Immobilie informieren, an der Sie interessiert sind. Oder vielleicht sind Sie Eigentümer und planen in der Zukunft allenfalls zu verkaufen und möchten einer ausgewählten Person ein Kaufrecht zusichern? 

Für alle Fragen um das Vorkaufsrecht steht Ihnen unser Team oder Ihr lokaler Neho-Makler zur Seite. Wenn Sie mit Neho, der Immobilienagentur ohne Provision, verkaufen oder kaufen, profitieren Sie nicht nur von der Expertise unserer Makler und Maklerinnen vor Ort, sondern ebenso von der Erfahrung von über 3’700 Mandaten seit Beginn unserer Geschäftstätigkeit. 

 

Benjamin Steiner
Benjamin Steiner
Marketing Content Specialist

Benjamin hat einen Masterabschluss an der Universität Zürich und viele Jahre Erfahrung in der Erstellung und Redaktion von Texten. Für Neho recherchiert er aktuelle Ereignisse und Entwicklungen in der Immobilienbranche und erklärt sie unseren Blog-Lesern auf verständliche Weise.

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Inhaltsverzeichnis
  • Was ist das Vorkaufsrecht? 
  • Welche Arten von Vorkaufsrecht gibt es in der Schweiz?
  • Welcher gesetzlichen Grundlage unterliegt das Vorkaufsrecht?
  • Wie nutze ich das Vorkaufsrecht als Eigentümer?
  • Ablauf eines Immobilienverkaufs mit Vorkaufsrecht
  • Was bedeutet das Vorkaufsrecht für mich als Käufer? 
  • Was muss ich als Vorkaufsberechtigter beachten? 
  • Kaufen oder verkaufen Sie Ihre Immobilie sicher mit Neho

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