Was ist eine Immobilienblase?
Eine Immobilienblase entsteht, wenn die Preise für Immobilien über einen längeren Zeitraum deutlich steigen, ohne dass diese Preissteigerungen durch wirtschaftliche Faktoren wie Einkommen, Bevölkerungswachstum oder Angebotsverknappung gerechtfertigt sind. Während einer Immobilienblase liegt Überbewertung vor – die gezahlten Preise für Immobilien sind deutlich höher als ihr eigentlicher Wert.
Diese Preissteigerungen werden durch eine hohe Nachfrage verursacht, oft angeheizt durch Spekulationen und die Bereitschaft der Käufer, überhöhte Preise zu zahlen. Die Verkäufer nutzen diese Situation aus, indem sie ihre Immobilien zu noch höheren Preisen anbieten, was die Preise weiter in die Höhe treibt.
Wenn eine Immobilienblase platzt, kommt es zu einem rapiden Preisverfall. Die Nachfrage bricht ein und der Markt wird geflutet mit billigen Immobilien, für die sich kein Käufer mehr findet. Platzende Immobilienblasen haben in der Vergangenheit in der Schweiz und international zu schweren Wirtschaftskrisen geführt.
Anzeichen und Ursachen einer Immobilienblase
Eine Immobilienblase entsteht durch eine Kombination mehrerer Faktoren, die in letzter Folge zu einer Überbewertung von Immobilien führen. Einige der typischen Anzeichen für eine Immobilienblase sind:
- Niedrige Zinsen: In einem Tiefzinsumfeld sind Kredite günstig. Dies führt zu einer höheren Nachfrage nach Immobilien, da mehr Personen in der Lage sind, eine Hypothek aufzunehmen.
- Hohe Nachfrage: Eine steigende Nachfrage nach Immobilien, oft bedingt durch wirtschaftliches Wachstum, Bevölkerungswachstum oder Migration in städtische Gebiete, treibt die Preise in die Höhe.
- Spekulation: Investoren kaufen Immobilien in der Erwartung, sie später zu einem höheren Preis wieder zu verkaufen.
- Entkopplung von den Mietpreisen: Ein erhöhter Anstieg der Kaufpreise im Verhältnis zu den Mieten kann ein Hinweis darauf sein, dass Anleger vor allem aus Spekulationsgründen kaufen.
- Entkopplung von Wirtschaftskennzahlen: Die Preise im Vergleich zur Teuerung und die Bautätigkeit im Vergleich zum Wirtschaftswachstum steigen übermässig stark an.
- Lockere Kreditvergabe: Immobilienblasen waren in der Vergangenheit oft die Folge lockerer Kreditvergabe. Dies führt dazu, dass auch Personen mit geringer Bonität Immobilien kaufen können. Wenn sich das Zinsumfeld oder die Wirtschaftslage ändern, kommen diese Personen sofort in Zahlungsschwierigkeiten.
- Psychologische Faktoren: Positive Marktstimmung und die gefühlte Sicherheit, dass die Immobilienpreise weiter steigen werden, führen dazu, dass immer mehr Menschen bereit sind, hohe Preise zu zahlen.
- Regulatorische und politische Einflüsse: Übermässige Steuervorteile oder staatliche Subventionen für Immobilienkäufer können ebenfalls die Nachfrage nach Immobilien erhöhen.
Die Folge ist ein Teufelskreis, der zu einer zunehmenden Überbewertung führt – die gezahlten Preise liegen weiter und weiter über den tatsächlichen Werten von Grundstücken und Gebäuden. Wenn schliesslich die Nachfrage nachlässt oder ein externer Schock auftritt, z.B. eine Schwächung der Konjunktur oder ein Zinsanstieg, platzt die Blase. In der Folge kommt es zu einem raschen und drastischen Preisverfall.
Folgen einer Immobilienblase
Eine Immobilienblase kann eine Wirtschaftskrise auslösen, weil sie eine erhebliche Instabilität im Finanzsystem und der restlichen Wirtschaft verursacht. Während der Blase geht es der Wirtschaft dem Schein nach besser, als es tatsächlich der Fall ist. Wenn die Immobilienblase platzt, fällt der Wert der Immobilien drastisch. Eigentümer finden sich in einer Situation wieder, in der ihre Immobilien weniger wert sind als die Hypotheken, die sie dafür aufgenommen haben. Dies führt zu einer Welle von Zahlungsausfällen und Zwangsversteigerungen. Die Finanzinstitute, die diese Hypotheken finanziert haben, sitzen auf faulen Krediten, deren Rückzahlung nicht mehr sicher ist. Diese Verluste beeinträchtigen die Kapitalbasis der Banken. Kredite werden teurer, was die Wirtschaft und den Konsum bremst.
Darüber hinaus hat die platzende Immobilienblase psychologische Auswirkungen auf die Märkte. Das Vertrauen der Investoren und Verbraucher wird erschüttert, was zu einem Rückgang des Konsums und der Investitionen führt. Unternehmen reagieren auf die gesunkene Nachfrage mit Entlassungen und Kostensenkungsmassnahmen, was die wirtschaftliche Abwärtsspirale weiter verstärkt. Die sinkenden Immobilienpreise verringern auch das Haushaltsvermögen der Eigentümer, was zu einem weiteren Rückgang der Konsumausgaben führt.
Blick zurück: Immobilienblasen in der Schweiz und international
Immobilienblase in der Schweiz 1990/1991
In den 1980er-Jahren erlebte die Schweiz eine Phase starken wirtschaftlichen Wachstums, unterstützt durch eine lockere Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank und umfangreiche Konjunkturprogramme. Die Banken lockerten ihre Bonitätskriterien, um im Wettbewerb zu bestehen, und vergaben grosszügig Kredite. Investoren und Spekulanten strömten auf den Immobilienmarkt, angezogen von steigenden Preisen und der falschen Sicherheit, dass Immobilien unmöglich an Wert verlieren würden. Die Leerstandquote war tief und die Renditen waren hoch, weswegen massenweise Renditeimmobilien gebaut wurden. Die Situation verschärfte sich weiter durch die Einführung der obligatorischen beruflichen Vorsorge im Jahr 1985, die zusätzliches Kapital auf den Immobilienmarkt brachte. Die übermässige Kreditvergabe und die starke Nachfrage nach Immobilien führten zu einer Immobilienblase.
Der Wendepunkt kam Ende der 1980er-Jahre, als die SNB den Leitzins anhob. Hinzu kamen regulatorische Massnahmen zur Eindämmung der Spekulation. In der Folge stiegen die Hypothekarzinsen drastisch an. Die Schweizer Immobilienblase platzte – die Nachfrage brach ein, die Preise fielen rapide, und viele Investoren konnten ihre Kredite nicht mehr bedienen. Zahlreiche Banken, die zuvor leichtfertig Kredite vergeben hatten, sahen sich mit einer Welle von Zahlungsausfällen konfrontiert.
Die wirtschaftlichen Folgen dieser Immobilienblase für die Schweiz waren erheblich. Die Immobilienwerte sanken um bis zu 50 % und Kredite im Wert von mehr als 10 % der Wirtschaftsleistung der Schweiz mussten abgeschrieben werden. In den folgenden Jahren verschwanden viele Banken vom Markt. Die Inflation stieg an und die Schweiz rutschte in eine dreijährige Rezession mit weiteren drei Jahren Stagnation.
Weltwirtschaftskrise 2007/2008
Die Weltwirtschaftskrise, die 2007 bis 2008 die globalen Märkte erschütterte, hatte ihre Ursache in einer Immobilienblase auf dem amerikanischen Wohnimmobilienmarkt. In den frühen 2000er-Jahren erlebte der US-Immobilienmarkt einen beispiellosen Boom. Dies wurde durch mehrere Faktoren begünstigt: Zu einen hatte das Fed die Zinsen nach dem Platzen der Dotcom-Blase und den Terroranschlägen vom 11. September 2001 drastisch gesenkt. Dies machte Hypotheken billig und leicht zugänglich. Zudem begannen die Finanzinstitute, immer risikoreichere Hypotheken an Kreditnehmer mit geringer Bonität zu vergeben (in den USA bekannt als «Subprime»-Hypotheken). Hinzu kam, dass Finanzinstitutionen Hypotheken in Wertpapieren als sogenannte Mortgage-Backed Securities (MBS) bündelten, die dann an Investoren verkauft wurden. Diese Wertpapiere wurden als relativ sicher betrachtet und boten hohe Renditen, obwohl selbst die MBS mit einem hohen Ranking zu einem grossen Teil aus Subprime-Hypotheken bestanden.
Die steigende Nachfrage nach Immobilien trieb die Preise immer weiter in die Höhe. Viele Käufer spekulierten darauf, dass die Preise weiter steigen würden, was zu einer Überhitzung des Marktes führte. Gleichzeitig wurden die Risiken durch die Verbriefung von Hypotheken breit gestreut, weshalb viele Marktteilnehmer das wahre Ausmass der Risiken unterschätzten. Als jedoch die Zinssätze zu steigen begannen und die Hauspreise stagnierten oder fielen, konnten viele Immobilienbesitzer ihre Hypotheken nicht mehr bedienen. Dies führte zu einer Welle von Zwangsversteigerungen und einem dramatischen Preisverfall auf dem amerikanischen Immobilienmarkt.
Die Zahlungsunfähigkeit vieler Immobilieneigentümer wirkte sich direkt auf die MBS und andere Finanzinstrumente aus, die auf diesen Hypotheken basierten. Viele dieser Wertpapiere verloren schnell an Wert. Besonders von den Verlusten betroffen waren grosse Investmentbanken, Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds. Die Banken sahen sich mit einer Liquiditätskrise konfrontiert, da die Märkte für MBS und ähnliche Wertpapiere einfroren. Dies führte zu einer Vertrauenskrise im Finanzsystem, da Banken aus Angst vor weiteren Verlusten einander keine Kredite mehr gewährten.
Die Finanzkrise in den USA breitete sich global aus. Viele internationale Banken und Finanzinstitutionen waren in den US-Immobilienmarkt und die damit verbundenen Finanzprodukte investiert. Als die amerikanischen Banken ins Straucheln gerieten, verbreitete sich die Krise wie ein Dominoeffekt auf die globalen Finanzmärkte. Regierungen weltweit mussten mit massiven Rettungspaketen eingreifen, um ihre Finanzsysteme zu stabilisieren. Trotz dieser Massnahmen geriet die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession. Unternehmen gingen bankrott, die Arbeitslosigkeit stieg rasant an, und die globale Nachfrage brach ein.
Die Krise hatte langanhaltende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und die Wirtschaftspolitik. Regierungen und Zentralbanken führten strengere Regulierungen ein, um die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten und ähnliche Krisen in der Zukunft zu verhindern. Dazu gehören striktere Kreditvergaberichtlinien, höhere Eigenkapitalanforderungen für Banken und eine verstärkte Überwachung der Finanzmärkte.
Der Real Estate Bubble Index
Was ist der Real Estate Bubble Index
Mit dem «UBS Swiss Real Estate Bubble Index» gibt die UBS für jedes Quartal einen Immobilienblasenindex heraus. Der Index zeigt, wie hoch das Risiko für eine Immobilienblase in der Schweiz ist.
Der Immobilienblasenindex ergibt sich aus der Analyse von sechs Subindikatoren: dem Verhältnis der Kaufpreise zu den Mieten, dem Verhältnis der Immobilienpreise zum Haushaltseinkommen, der Preisentwicklung von Immobilien im Vergleich zur allgemeinen Teuerung, dem Verhältnis der Hypothekarverschuldung zum Einkommen, dem Verhältnis der Bautätigkeit zum Bruttoinlandprodukt sowie dem Anteil der Kreditanträge für Renditeliegenschaften im Verhältnis zu den Kreditanträgen von Privatkunden.
Der Index gibt an, ob Immobilien gegenwärtig über- oder unterbewertet sind. Bei einem Indexstand von -1 bis 1 Standardabweichungen gelten Immobilien als fairbewertet, unter -1 sind sie unterbewertet, zwischen 1 und 2 überbewertet und ab 2 Standardabweichungen spricht die UBS von einem Blasenrisiko.
Stand 4. Quartal 2023 liegt der Real Estate Bubble Index bei 1,41 Punkten. Immobilien sind damit zwar aktuell überbewertet, doch besteht über die gesamte Schweiz gesehen damit noch kein dringliches Risiko für eine Immobilienblase.
Ergebnisse Real Estate Bubble Index Q4 2023
Der UBS Swiss Real Estate Bubble Index für das 4. Quartal 2023 liegt bei 1,41 Punkten. Dies entspricht einem leichten Rückgang gegenüber dem Vorquartal und dem Niveau von Ende 2021. Hauptursachen für den Rückgang sind die Verlangsamung des Hypothekarwachstums und der Rückgang der Finanzierungsanträge für Buy-to-let-Immobilien. Bauinvestitionen haben inflationsbereinigt das Niveau von 2010 erreicht.
Die Preise für Wohneigentum im Verhältnis zu Haushaltseinkommen und Konsumentenpreisen erreichten neue Höchststände. Das Haushaltseinkommen stagnierte, während die Konsumentenpreise leicht zurückgingen. Wohneigentumspreise stiegen im 4. Quartal um 0,9 %. Die Mieten stiegen im gleichen Mass.
Regionale Risikobewertungen zeigen, dass der Immobilienmarkt in Regionen wie dem Zürichsee, Teilen Graubündens, dem St. Galler Rheintal und der Region Lausanne überhitzt ist. In Zürich und Genf hat sich das Risiko allerdings von «hoch» auf «leicht erhöht» reduziert.
Der Blasenindex liegt historisch betrachtet signifikant tiefer als während der Immobilienblase in der Schweiz Anfang der 1990er-Jahre. Er deutet dennoch auf eine klare Überbewertung des Eigenheimmarkts hin. Die Kaufpreise im Verhältnis zu den Mieten und die Eigenheimpreise im Verhältnis zu Einkommen und Konsumentenpreisen sind laut der UBS zentrale Indikatoren für potenzielle Zinsrisiken und Überhitzung.
Risiko einer Immobilienblase in der Schweiz
Was für eine Immobilienblase in der Schweiz spricht
Der UBS Swiss Real Estate Bubble Index für das 4. Quartal 2023 zeigt, dass das Risiko einer Immobilienblase in der Schweiz weiterhin leicht erhöht ist. Der Index von 1,41 zeigt, dass Immobilien gemäss der UBS in der Schweiz weiterhin leicht überbewertet sind. Der Index ist jedoch im Vergleich zum Vorquartal zurückgegangen, was auf eine Entspannung hinweist.
Regionale Risikobewertungen zeigen, dass der Immobilienmarkt in bestimmten Regionen (Zürichsee, Teile Graubündens, St. Galler Rheintal und Region Lausanne) überhitzt ist. Trotz der niedrigen Neubautätigkeit und der beschleunigten Zuwanderung, die eine Preiskorrektur in naher Zukunft unwahrscheinlich machen, bleibt somit laut der UBS das Risiko einer Immobilienblase in der Schweiz bestehen. Die Preise steigen weiterhin schneller als die Einkommen, was auf eine potenzielle Überhitzung hindeutet. Das deckt sich mit den Ergebnissen der letzten globalen Studie, die die UBS einmal jährlich veröffentlicht. Darin beurteilte sie aus 25 Grosstädten weltweit Zürich als die Stadt mit dem höchsten Risiko für eine Immobilienblase.
Was gegen eine Immobilienblase in der Schweiz spricht
Es gibt mehrere Faktoren, die gegen eine Immobilienblase in der Schweiz sprechen. So sagt das Preisniveau allein noch nichts über das Risiko einer Immobilienblase aus, solange die Preissteigerung durch wirtschaftliche und demografische Faktoren gerechtfertigt ist. In der Schweiz haben das Bevölkerungswachstum und veränderte Wohnbedürfnisse dazu geführt, dass immer mehr Menschen mehr Wohnraum benötigen (z.B. gibt es zunehmend mehr Ein- und Zweipersonenhaushalte). Der verfügbare Wohnraum und das Bauland sind ein knappes Gut, und insbesondere im Eigenheimsektor wird wenig gebaut. Das Preisniveau ist daher zumindest teilweise durch wirtschaftliche und demografische Faktoren erklärbar.
Zudem herrschen in der Schweiz seit den grossen Finanz- und Immobilienkrisen Auflagen bei der Vergabe von Hypotheken, die zu den strengsten weltweit gehören. So dürfen Banken mit wenigen Ausnahmen Immobilien nur bis zu 80 Prozent des Kaufpreises finanzieren. Liegt der Kaufpreis über dem geschätzten Wert, sind es sogar nur 80 Prozent des Werts. Zudem rechnen Finanzinstitute nicht mit den gegenwärtigen Zinsen, sondern einem kalkulatorischen Zinssatz, der mit typischerweise 5 Prozent deutlich über dem aktuellen Zinsniveau liegt. Selbst wenn die Zinsen noch einmal deutlich ansteigen sollten – wovon in Anbetracht der jüngsten Zinsentscheide der SNB nicht auszugehen ist –, wird es in der Schweiz nicht zu grossflächigen Zahlungsausfällen kommen.